Plattenkameras aus den Anfängen der Fotografie sind schon selten. Noch rarer sind allerdings Fotografen, die heute noch mit dieser historischen Technik professionell arbeiten. Zu dieser Handvoll Menschen in Deutschland gehört Thilo Nass, der sein Porträtstudio normalerweise in Hannover hat. Am Eröffnungswochenende der Fotoausstellung „Schein oder Sein“ hat er dieses im Kulturhaus Mestlin aufgestellt. Denn neben seinen ausdrucksstarken Portraitarbeiten, die als großformatige Silbergelatine Abzüge und Drucke, das Foyer bestimmen, wird er darüber hinnaus Besucher der Ausstellung porträtieren.
Ganz nach althergebrachter Art mit Nackenstütze und langer Belichtungszeit schafft Thilo Nass in Einzel- oder Paarsitzungen fotografische Unikate, die direkt auf Metall oder Glasplatten belichtet werden. So entstehen, wie zu den Anfängen der Fotografie um 1851, fotografische Unikate nach dem Kollodium-Nass Verfahren.
Die Technik, die die Besucher der Ausstellung live mit verfolgen können funktioniert so: Die Platten werden mit einer Kollodiumschicht begossen, in Silbernitrat gebadet und gleich im Anschluss belichtet und entwickelt.
Das Besondere an dieser Technik: Die Schärfe und Qualität von Kollodiumplatten wurde von allen nachfolgenden fotografischen Techniken nicht mehr übertroffen. Die Bilder haben in den wesentlichen Bildpartien eine ungeheure Schärfe und in anedern Bildbereichen ganz weiche Unschärfen. Vor allem aber ist der Prozess des Fotografierens die absolute Entschleunigung der Fotografie. Die Konzentration richtet sich auf das einmalige Auslösen, auf das eine Foto und das eine Unikat auf Platte.
FOTOS: © Manfred Scharnberg und © Thomas Opolka
Fotoausstellung „Schein oder Sein“ bis zum 10.10.2021
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 11:00 bis 17:00 Uhr, Kulturhaus Mestlin, Marx-Engels-Platz 5,19374 Mestlin